Was wissen wir?

Als Schriftstellerin, vor allem als eher unerfahrene Schriftstellerin, frage ich mich ständig: Was weiß ich eigentlich, worüber ich schreiben kann? Vor allem das Zitat „Schreibe, was du weißt“, das ich irgendwie stark mit dem Film „Never been kissed“ verbinde, führt mich tiefer in diese Frage.

Natürlich, ich bin jetzt seit ungefähr 4 Jahrzehnten auf dieser Erde, also sollte ich etwas wissen. Ich sollte schon einiges erlebt haben, oder? Und ich schätze, ich habe einiges erlebt. und ich weiß einiges. aber wie viel ist genug, damit ich darüber schreiben kann? Natürlich können wir Wolkenschlösser bauen und uns ausmalen, wie die Dinge sein könnten oder sich entwickeln könnten. Und bis zu einem gewissen Grad müssen wir das auch tun, wenn wir Geschichten schreiben. Aber sie müssen auch auf realen Emotionen beruhen. Auf echten Menschen. Auf echten Orten. Oder auf echtem Wissen darüber, wie die Welt funktioniert. Oder zumindest wie sie zu funktionieren scheint, je nachdem aus welchem Blickwinkel wir es sehen oder in welcher Kultur oder welchem Ökosystem wir uns befinden.

Was weiß ich also?

Vor allem, was weiß ich, was andere vielleicht nicht wissen? Und genau da wird es spannend. Plötzlich finden wir eine andere Person oder eine Handvoll Leute, die das auch wissen. Und das führt zu einer Abwärtsspirale des Vergleichens und des sich selbst im Weg Stehens.

Neil Gaiman sagte einmal in einem seiner Kurse: „Sei konkret“. Dann kann ich dir von meiner Erfahrung erzählen, „Wie man Wollsocken am Feuer trocknet“. Wie wichtig es ist, welches Brennholz man wählt, denn Fichtenholz enthält einiges an Pech, das Mini-Explosionen verursacht, die glühende Funken durch die Luft und auf deine Socken (und andere Kleidungsstücke) fliegen lässt und kleine Löcher hineinbrennen. Und von Kiefenholz will ich gar nicht erst anfangen…

Aber das ist nicht alles, was nötig ist

Für wen ist die Geschichte? Warum sollte sie für dich oder mich oder sonst jemanden von Bedeutung sein? Nun, das ist die ständige Herausforderung von Künstlern. Wie können wir etwas schaffen, das von Bedeutung ist? Und WARUM sollten wir das überhaupt tun wollen? Warum sollten wir uns die Mühe machen, tief in die Selbstreflexion oder in die Beziehung zu jemand anderem eintauchen, oder tief in die verschiedenen Ebenen des Schmerzes eintauchen, die einzelne Leute oder das Kollektiv durchmachen, oder einfach etwas zu teilen, das nicht leicht zu teilen ist?

Was ist neu? Was ist einzigartig?

Und wie unterscheidet es sich von all der Kunst, die bereits geschaffen wurde? Manche würden sagen: Nur weil du oder ich es machen, ist es schon einzigartig, weil jeder von uns einzigartig ist. Aber andererseits haben so viele von uns ihr ganzes Leben lang trainiert, uns an andere anzupassen. So zu sein wie alle anderen. Um dazuzugehören. Wie die Forschung von Brené Brown zeigt:

Das Gegenteil von Zugehörigkeit ist Anpassung

Und soweit ich das bisher beobachten konnte, sind die meisten von uns viel besser darin, sich anzupassen, als sich wirklich zugehörig zu fühlen.

Und wie kann es sein, dass wir etwas tun müssen, das sich so unintuitiv anfühlt? Dass wir uns nicht darum kümmern sollen, was andere denken, um von anderen wirklich so akzeptiert zu werden, wie wir sind?

Die letzten Tage habe ich mich sehr einsam gefühlt

Ich hatte gerade eine ganze Woche in einer Gemeinschaft von Menschen in einem wunderschön gehaltenen Raum verbracht. Und auf einmal war ich wieder allein. Weit weg von meinem Zuhause in einem mir fremden Land und Gebiet. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass die natürliche Welt, auch wenn sie sich je nach Region und Klimazone verändert, eine Sprache spricht, mit der wir uns immer verbinden können. Dort gibt es keine Kultur, keine Regeln und keine Erwartungen, an die wir uns anpassen müssen.

Aber wenn wir bei den Blätter-Leuten oder Flügel-Leuten, bei den Felsen-Leuten oder den Wasser-Leuten sind, können wir einfach wir selbst sein. Wir werden nicht verurteilt. Wir werden uns nicht fragen und sorgen, wie wir uns einfügen sollen. Sobald wir uns also daran erinnern – und ich meine wirklich, instinktiv erinnern – wer wir sind, können wir diese Zugehörigkeit sofort spüren. Und wenn wir diese Zugehörigkeit spüren, kann die Kreativität fließen. Und plötzlich sind all die Gedanken und Sorgen, die uns vorher im Kopf herumgeschwirrt sind und die alle von verschiedenen Aspekten der Angst gesteuert wurden, wie weggeblasen.

Dann können wir uns mit dem tieferen Wissen in uns verbinden.

Das Wissen, das weiß, dass wir etwas wissen und was das ist. Und das weiß, was in jedem einzelnen Moment zum Ausdruck gebracht werden möchte. Dann gibt es keine Grenzen, keine Einschränkung für das, was wir tun können. Und dann ist das Gefühl der Verbundenheit und Zugehörigkeit kein mentales Konstrukt, sondern eine Art des Seins. Und dann gibt es – zumindest in diesem Moment – keine Angst vor Verurteilung, keine Angst, ausgestoßen, verletzt oder verurteilt zu werden. Denn dann wissen wir, dass wir uns immer mit all den anderen nicht-menschlichen Leuten verbinden können, die auch mit uns zusammen diese schöne Welt bewohnen, die immer bereit sind, uns an ihrer Gemeinschaft teilhaben zu lassen.

Zumindest ist es das, was ich jetzt weiß. In diesem Moment. Vielleicht vergesse ich es. Vielleicht konzentriere ich mich zu einem anderen Zeitpunkt auf andere Erkenntnisse. Aber da wir nur das Hier und Jetzt haben, ist das alles, was für mich notwendig ist. Und das kann auch für dich so sein.

Was wissen wir?
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