Dagegen oder dafür?

Unser Leben ist voll mit Geschichten vom Kampf gegen das Böse. Von klein auf lernen wir, uns „gegen“ einen Feind zu wehren. Wir lernen, wer der „Gute“ und der „Böse“ ist. aber nur selten geh es darum, „für“ etwas zu sein.

Auch in der Politik und diversen sozialen und sozialpolitischen Themen geht es darum, gegen etwas anzukämpfen. Als müssten wir uns mit Händen und Füßen dagegen wehren. Egal ob es gegen den Klimawandel, gegen die Armut oder gegen die „Ausländer“ ist. Immer ist die Situation so dargestellt, dass es einen Feind im Außen gibt, den wir bekämpfen können oder sollen oder müssen. Dadurch sind wir innerlich konstant in einer Position des Widerstands.

Ein neues Narrativ

Gestern habe ich auf Instagram eine story von Robert Gladitz gesehen, der über ein gewisses Reframing gesprochen hat. Er hat erzählt, dass er mit dem Narrativ „Kampf gegen den Klimawandel“ nicht wirklich glücklich ist, weil es gegen etwas gerichtet ist, anstatt „für eine bessere Zukunft“ (grob gesagt). Und das ist an sich kein neuer Gedanke.

Was ich jedoch wirklich interessant fand, war, dass er auch das Non-Profit-Narrativ in Frage stellte. Dass es gegen etwas gerichtet ist, und wir dadurch auch wieder im Widerstand sind. Gegen Profit. Gegen Geld. Stattdessen schlägt er vor, Organisationen zu schaffen, die „für einen bestimmten/guten Zweck“ arbeiten. Dass es in Ordnung ist, Geld zu bekommen und Profit zu machen. Schließlich ist Geld ja doch nur eine Form von Energie.

Viele Menschen, speziell im non-profit Bereich, verbinden mit Profit eigentlich eine Menge negativer Dinge. Wir setzen dann Profit oft automatisch mit Ausbeutung gleich. Aber vielleicht ist es an der Zeit, das zu ändern. Und dann können wir immer noch entscheiden, ob wir eine „für den guten Zweck“ (for purpose) oder eine „für Werte“ oder „für was auch immer“ Organisation haben, aber dann steigen wir zumindest mal aus der Negativpendelbewegung aus. Dann haben wir nicht mehr den Fokus darauf, den Feind bekämpfen zu müssen. Stattdessen richten wir unsere Energie und unsere Organisation darauf aus, worum es eigentlich geht.

Und im Deutschen haben wir das ja eigentlich auch. Wir haben Gemeinnützige Organisationen. Also dem Gemeinwohl dienend. Aber auch bei diesen jeweiligen Begriffen schwingt sehr viel Kulturelles mit. In Kulturen, die von Großbritannien geprägt sind, können wir sehr viel Fokus auf Profit beobachten. Im deutschsprachigen Raum sehr viel Selbstaufopferung. Da schwingt dann oft mit, wir nur gute Menschen sind, wenn wir etwas für andere tun, aber nicht auf uns selbst achten.

Dieses Beispiel zeigt sehr schön, dass es auch nicht nur um die Worte direkt geht, die wir erzählen, sondern auch die Geschichte dahinter, und die Gefühle, die wir damit verbinden.

Für den guten Zweck

Wenn jetzt Stimmen in unseren Köpfen laut werden, die Angst haben jemanden auszubeuten, wenn wir unsere Ausrichtung von non-profit auf for-purpose ändern, bzw. wenn wir die mentale Verbindung zwischen gemeinnützig und Selbstaufopferung kappen, dann ist das zwar nachvollziehbar, aber nur unser Kopf, der uns einen Streich spielt.

Wenn wir unsere Organisationen auf einen bestimmten Zweck ausrichten, dann sind an diesen Zweck meist auch einige Werte geknüpft. Und wenn unsere Werte darauf ausgelegt sind, jemandem tatsächlich, nachhaltig und tiefgreifend zu helfen, dann darf dieser widersprüchliche Gedanke zu Geld bzw. unserem eigenen Wohl nicht im Weg stehen. Denn er lenkt nur vom Wesentlichen ab. Sowohl Geld als auch unser eigenes Wohl sind im Grunde Werkzeuge, die uns helfen, unseren Zweck weiter zu verfolgen, und je nachdem wie kraftvoll die Werkzeuge sind, umso mehr Wirkung können sie haben.

Wie das ins System passt

Die Herausforderung hierbei ist die Einbindung dieser neuen Denkweise ins System. Non-profit Organisationen sind vor allem deshalb interessant, weil sie keine Steuern oder zumindest weniger abliefern müssen. Weil sie ja eben darauf ausgelegt sind, keinen Profit zu machen. Aber auch da ist es die Frage des Fülle- oder Mangeldenkens.

Selbst wenn es uns mit der Organisation darum geht, Menschen in einer finanziellen Notlage zu unterstützen, ist es dann nicht die Verantwortung der Organisation, hier für ein unterstützendes Umfeld zu sorgen und im Zweifelsfall eine Umverteilung anzustoßen?

Unabhängig davon, ob wir auf Profit oder keinen Profit ausgerichtet sind muss es möglich sein, Wege zu finden, wie sich die Menschen, für die wir unser Angebot liefern, es sich auch leisten können. Und zwar im Idealfall ohne sich dabei in die Schuldenfalle zu stürzen. Vor allem aber hilft uns die Auflösung des „dagegen“, uns darauf zu konzentrieren, nachhaltige Lösungen zu finden, die im Fluss sind.

Visionen sind schnell geteilt, aber meist langsam umgesetzt

All diese idealistischen Worte sind leicht zu schreiben, und teilweise nicht so leicht umzusetzen. Ich kann hier auch keinen 5-Schritte-Plan liefern, wie wir alle non-profit Organisaionen zu for-purpose umwandeln können. Aber der erste Schritt ist, sich dieser „dafür“ oder „dagegen“ Energien bewusst zu werden. Speziell bei all den Bewegungen, die wirklich eine positive Veränderung in der Welt bewirken wollen.

Fridays for Future hat es uns vorgezeigt, wie viel kraftvoller ein Narrativ sein kann, wenn er FÜR etwas ist, anstatt dagegen. Wenn wir uns dafür nicht selbst geißeln oder schlecht machen müssen. Es lässt die Schuldfrage auf der Seite liegen, und legt den Fokus auf die gewünschte positive Veränderung.

Genau wie unser Gehirn das „nicht“ nicht verarbeiten kann, und wir Sätze für unsere persönliche Entwicklung positiv formulieren sollen, so gilt das speziell auch in all den Bereichen, wo wir ernsthaft etwas verändern wollen. Und das geht auch, wenn wir keine rosa Brille aufhaben und die Situation realistisch betrachten.

Das Leben ist ein Experiment

Speziell da, wo es (noch) keine einfachen, klaren Antworten gibt, kommt meine Begeisterung fürs Experimentieren auf. Wie können wir am Besten dem Zweck dienen, um unsere Vision schrittweise mehr zu manifestieren?

Ich komme immer mehr drauf, dass es im Grunde immer um das Bewusst machen geht. Sobald wir wissen, was wir tun oder nicht tun, findet unser Hirn automatisch Wege, das tatsächlich auch so umzusetzen. Auch da dürfen wir ins Vertrauen und ins Fülle-Denken gehen.

Und wenn wir überall dort, wo wir irgendwelche Widerstände wahrnehmen, und wo wir GEGEN etwas ankämpfen, genauer hinschauen, und uns bewusst machen, WOFÜR wir dies tun und was es uns bringt, können wir auch auf energetischer Ebene immer mehr in den Fluss kommen.

Dagegen oder dafür?
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