Vor fast zwei Jahren hatte ich den spontanen, verrückten Impuls, dass ich noch ein weiteres Tiny House auf mein Grundstück stellen mag, und die sofort finden muss, weil es danach wahrscheinlich nie wieder so ein Angebot geben wird…
Ich hatte davor eine andere Hütte im Auge gehabt, die dann aber nicht mehr verfügbar war, weshalb ich online auf die Suche nach einem gebrauchten Hüttchen ging. Im Grunde findet man dort eigentlich ständig die unterschiedlichsten Holzhütten entweder gratis oder billig zum Selbstabbau. Was einem diese Anzeigen aber nicht sagen ist, was da noch so dahintersteht an versteckten Kosten.
Der Abbau
Wenn ich mich richtig erinnere, hatte ich 4-5 Helferinnen und Helfer, auf mehrere Tage verteilt. Aber schon beim Abbau wurde mir schnell klar, dass das ganz schön viel Arbeit ist, und dass so einige der Materialien nicht so leicht zerlegbar sind, vor allem ohne sie zu ruinieren. Aber hier meine (halbwegs) vollständige Liste, was Ich beim Abbau lernen durfte:
- Dezember ist eine schlechte Zeit, so ein Projekt in Angriff zu nehmen, weil niemand Zeit hat zu helfen (und es vom Wetter her auch nicht sonderlich lustig ist)
- genagelte Nut-Feder Bretter können im Grunde gleich weggeworfen oder verbrannt werden, weil man sie, egal wie vorsichtig man ist, nicht unversehrt auseinander bekommt.
- alles dauert immer länger als geplant (auch wenn es stark überspitzt formuliert ist, konnte ich eine klare Tendenz erkennen)
- wenn man eine Hütte mit 3x4m abbaut, braucht man auch ein Transportmittel, wo diese Längen an Holz transportiert werden können
- Holzhütten sind schlimmer als Ikea, wenn es ums zerlegen und wieder zusammenbauen geht
Die Konstruktion
Diese Holzhütten-Bausätze sind ja ganz nett, aber sie sind wie Fertigbackmischungen. Sie brauchen trotzdem diverse zusätzliche Materialien, sowie Vor- und Nacharbeiten, da sie in den meisten Fällen höchstens einen minimalen Boden- bzw. Dachaufbau beinhalten.
Das Fundament
In vielen Geschichten wird das Fundament gerne als Metapher hergenommen, dass man eine gute Basis benötigt, weil sonst alles andere zusammenbricht. Und bei großen Wohnhäusern wird da auch meistens recht gut drauf geachtet. Aber bei kleineren Hütten wird dieser Punkt oft stark vernachlässigt. Meine Hütte stand vor dem Abbau lediglich auf 6 Steinen und 5-8er Staffeln, direkt auf der Wiese.
Erst durch die Planung mit meinem Bauspezialisten-Kollegen bin ich auf viele Dinge aufmerksam gemacht worden, die ich sonst nicht berücksichtigt hätte. Egal ob es jetzt um die Stabilität der Punktfundamente und die Erdbewegungen und Frostprobleme geht, oder um die Feuchtigkeit, die sich von der Erde unten am Holz sammelt und die Langlebigkeit gefährdet, wenn man kein Vlies und Schotter oder ähnliches ausbringt.. Aber solche Holzhütten werden ja auch in den seltensten Fällen auf Langlebigkeit geprüft bzw. gebaut.
Der Boden
Ein gedämmter Boden ist Gold wert. Auch bei einer kleinen Hütte. Zumindest wenn man sie zu mehr nutzen mag als nur als Gerätelager. Und ich habe das definitiv vor.
Grundsätzlich war mir der Unterschied zwischen Dämmung und Masse beim Bau bereits bewusst. Dämmung kümmert sich darum, dass die Wärme nicht so schnell entweicht oder eindringt, und Masse speichert die jeweilige Temperatur.
Da ich vom Bau meines anderen Häuschens sowie vom Abbau einer Dachkonstruktion noch diverses Baumaterial übrig hatte, war der Plan, die Dämmung des Bodens (bzw. einen Großteil des Hauses) nur mit bestehenden (Recycling-)Materialien umzusetzen.
Ich hatte noch eine Menge Kreuzlagenholz-Platten-Ausschnitte und -Überbleibsel, für die ich keinerlei Verwendung hatte, also dachte mein naives, simples Hirn, dass die doch am Besten am Boden geeignet sind, weil sie schwer sind, und dann die Mischung aus Dämmung und Masse darstellen können (Holz ist ein spezielles Material, weil es sowohl Dämmung als auch Masse ist – wenn auch jeweils nicht mit den besten Werten).
Mein Baukollege riet mir aber stark davon ab, weil gerade beim Boden es nicht ideal ist, wenn er kalt ist, und er mit einem reinen Dämmstoff wärmer bleiben wird. Ob dem tatsächlich so ist, werde ich noch herausfinden. Aber wir sind dann tatsächlich umgeschwänkt auf die Steinwolle-Dämmung, die mein Vater beim Abbau eines Daches gerettet hatte. Der Boden ist also trotzdem noch aus recycelten Materialien, aber eben aus anderen als geplant.
Die Wände
Egal wie viel man plant, auf der Baustelle ist alles anders.
Ich hatte vor dem Abbau explizit den Hinweis bekommen, das ich alle Teile des Hauses so markieren/beschriften soll, dass man danach noch weiß, wie es wieder zusammengesetzt wird. Daher habe ich mir hierfür echt viel Mühe gegeben, und hatte jedes einzelne Teil beschriftet. Und die Beschriftung hatte sogar die 2 Jahre Lagerung gut überstanden.
Aber auf der Baustelle muss es schnell gehen. Vor allem bei den Schritten, wo das Gebäude nicht Regensicher ist. Und wenn dann nicht die Teile genau so richtig sortiert gelagert wurden, ist keine Zeit, alles zu suchen, wie es vorher war. Also baut man mal drauf los, und hofft dann, dass am Schluss alles zusammenpasst.
Diese Strategie hat sogar halbwegs gut funktioniert (wenn auch mit ein paar kleinen Schnitzern), aber es war der reinste Horror für meinen inneren Kontrolletti, der alles schön fein säuberlich und perfekt machen mag. War aber ein gutes Lernfeld dafür :-).
Das Dach
Auch Dachkonstruktionen sind eine Wissenschaft für sich. Man braucht Dachlatten und Konterlattung und Hinterlüftungen und genaue Berechnungen für die Winkel der Dachschindeln…
Und wenn man so ist wie ich, und auch da wieder Material wiederverwenden möchte, braucht man viele fleißige Helfer, die davor hunderte Nägel aus den jeweiligen Latten und Brettern entfernen, bevor sie überhaupt erst verwendet werden können.
Auch die Dachschindeln konnte ich von dem abgetragenen Dach wiederverwenden, und das war sogar ein Vorteil, weil sie bereits genau da Löcher hatten, wo die Nägel eingeschlagen werden sollten.
Recycling bedeutet viel extra Aufwand
Während dem Bau hatte ich eine längere Diskussion mit meinem Bau-Kollegen. Er hatte ein schlechtes Gewissen, aufgrund des erhöhten Aufwandes für die Vorbereitung der Materialien (sowohl entnageln als auch speziell zuschneiden und zusammensuchen der passenden Stücke) mehr Geld zubekommen. Seiner Meinung nach wäre es schon um einiges günstiger gekommen, wenn ich das genau passende Holz entsprechend gekauft hätte.
Und ja, damit hat er wahrscheinlich sogar recht. Und vor allem wenn ich nicht auch Helfer gehabt hätte, die mir unentgeltlich geholfen haben, wäre es noch um einiges teurer geworden. Dieser Bau hat mir definitiv gezeigt, dass es zumindest sehr nachvollziehbar ist, warum die meisten gerade beim Baumaterial lieber wegwerfen und neu kaufen.
Mir zeigt es aber auch mal wieder die völlige Verzerrung unseres Marktes. Denn ja, es war ein bisschen zusätzlicher Aufwand, diese Nägel zu entfernen, aber der Aufwand, einen Baum zu fällen, ihn zu zersägen, zu lagern und zu transportieren soll billiger sein?
Ich konnten es schlichtweg nicht mit meinem Gewissen und meinen Werten vereinbaren, diese versteckten Kosten zu ignorieren. Es braucht hier aber definitiv eine Starke Überzeugung, wenn man diesen Weg gehen möchte.
Das Schöne an einem Recycling-Haus
Es gibt aber nicht nur negative Seiten beim Bau mit großteils recycelten Materialien. Vor allem wenn man weiß, wo diese ursprünglich herkommen. Konkret bei meinem Hüttchen weiß ich, dass das Holz für den Boden von dem gleichen Platz kommt wie mein anderes (Tiny) Haus. Dieser Platz trägt – auch wenn er so nicht mehr existiert – eine besondere Energie mit sich, die nun Teil von dem Häuschen ist.
Und die Dämmung und das Dach kommen vom Haus meiner Großeltern. Dadurch habe ich solang diese Hütte steht auch weiterhin eine Verbindung zu ihnen, und kann mir vorstellen, dass sie stolz auf mich sind, was ich geschaffen habe.
Die Wände tragen die Erinnerung des Abbaus der Hütte mit sich. Sie erinnern mit an die Menschen, die mir beim Abbau geholfen haben, und wie sehr ich Dankbarkeit gespürt hatte, dass sie sich Zeit nehmen, obwohl die Bediungungen nicht ideal waren.
Ich habe (k)eine Hütte gebaut
Auch wenn die Hütte auf meinem Grundstück steht, und ich mitgeholfen habe beim Bauen, kann ich nicht sagen, dass ich diese Hütte gebaut habe. Im Grunde hat mein Bauspezialist-Kollege/Freund die Hütte geplant und gebaut, und ich und ein paar andere haben geholfen – sowohl direkt beim Bau als auch bei der Verpflegung oder beim Vorbereiten.
Gleichzeitig ist es aber auch jede Menge Aufwand, so einen Bau zu organisieren, und darauf zu achten, dass auch wirklich alles so passiert und abläuft, wie es geplant ist. Also auch wenn man als Bauherr(in) mithilft aber weniger als andere Hand anlegt, bedeutet das nicht, dass man nicht genauso viel zum Bau beigetragen hat.
Fazit
Während dem Bau war ich mehrmals der Verzweiflung nahe, und habe mir geschworen, nie wieder so ein Bauprojekt anzugehen. Es ist alles viel zu komplex und aufwendig und stressig. Gleichzeitig sehe ich auch viel Wahrheit in der Aussage meines Kollegen, der meint, dass wenn wir jetzt genau so eine Hütte nochmal aufbauen müssten, wir viel schneller wären, weil schon viel mehr der Fragen geklärt sind, die wir erst mühsam ertüfteln mussten.
Allgemein muss ich aber auf jeden Fall sagen: Bauprojekte, auch wenn es nur „kleine“ Häuschen sind, sind nicht zu unterschätzen. Vor allem wenn man möchte, dass das Ding länger als 1-2 Jahre steht.